Das Tyrrhenische Meer,
gedichtet von Michail Schtscherbakow

Die Träne aus Goldem,
Blitz’ auf und stirb’ doch,
Zerfalle, stör’ nicht die Pupill’.
Ich habe die Landschaft
Noch gar nicht behalten –
Behalt’ ich und gehe dann weg.

Es stimmt, Gegenliebe
gibt’s keine, es sei so,
Den Gegenden ist sie doch fremd.
Na gut, die ist fremd schon...
Ich bin hier nicht dafür,
Ich nehm’ nur den Abschied, nichts mehr.

Leb’ wohl, liebe Städt’rin!
Und zähl’ unbewusst noch
Die Stufen vom Hafen nach ob’n,
Und trag’ con amore nach Haus für die Gäste
Die grünen Oliven im Korb.
Leb’ wohl, liebe Küste!
Bewahr’ con amore den schönen Dir eigenen Duft,
Kein Krieg, keine Fehler.
Es friert nicht das Wasser,
Vesuvium ist immer noch stumm.

Es wundert mich gar nicht,
Dass ich dieser Freiheit
So tief angebunden jetzt bin.
Ich hab’ hundert Jahre
Des Lebens fast blindlings
Im dunklen Gewölbe verbracht.
Ich frag’: muss ich wirklich,
Davon mich entwöhnen... Ich gehe und hör’ hinter mir:
“Leb wohl, der Exote!”
Na ja, der Exote, natürlich.
Natürlich, leb’ wohl...

Ich werd’ mich entwöhnen.
Abschließen, verstummen.
Und Glück nur als Zufall nun sehen.
Ich kehr’ ins Gewölbe,
Und schreibe die Schriften
Dann weiter, auch ohn’ abzusetzen.
Jetzt aber, solange
Vor mir diese tiefe tyrrhenische Bläue noch liegt,
Streb’ ich – con amore
Zu ihr und begreife jetzt plötzlich,
Was die Seele ist.

Вадим Алексеев (certus), 2007


  • [Наверх]

  • 1991

    Die Stadt der Tränen! O mein Traum!..
    Die Polizeikontrollen stets.
    Malt sie bunt an, füllt jeden Raum;
    Nie wird sie farbig, und ihr seht's.

    Dort mag die schönste Geige spieln,
    Im grünsten Park, den ich betrat;
    Es sind nicht deine Wiesen, Frohsinn; -
    Die Tränenstadt.

    Beim Kettenklirrn geh ich dadrinn.
    Kopfschüttelnd, wortlos, ohne Ziel.
    Obwohl ich selbst Plebejer bin,
    Könnt ich über den Mob herziehn.

    Hier könnt' ich in den Kugelhagel,
    So vermied' ich graues Haar.
    Doch selbst nach meinem Tode blieb' ich
    Noch in Gefahr.

    Die Stadt der Tränen! Geiz und List!
    Die Kriecherei! Die Not, Die Qual!
    Glückselig, wer gestohl'nes ißt.
    Wie immer, und wie überall.

    Das Übliche, der alte Brauch.
    Wie unfromm, wenn ich rebellier'.
    Es sind nur Taten wilder Tiere.
    Sie kennen wir.

    Warum will ich seit einer Stund'
    Seit vielen Jahrn, seit fünf Minut'
    Zu irgendjemand sagen: Hilf uns!
    Und gib uns Mut!

    Александр Аврутин, 2017


  • [Наверх]

  • Grillen, Heimchen

    Kein Vergleich mit Früher: Krim, Tiflis.
    Alles eilte her, was lieb mir ist.
    Welcher Rang? Soldat. Gesicht, - der Fürst.
    Arm. Dafür nicht gierig. Dumm, und wüst.

    Heut bin ich zwar klug, - ein andrer Klang,
    Falls ich Saiten stimme stundenlang.
    Kommt die Gamma hin, von C bis fis,
    Sie gibt keine Antwort, wer, ihr wisst.

    Wo sieht man zuzweit uns? Weg die Spur!
    Nirgends, nur im Traum, in meinem nur.
    Was ist für sie Bagdat, Krim, Tieflis!
    Groß ist ihr Gemach, reich ihr Verließ.

    Decken sind dort hoch, die Kissen weich.
    Drinnen sitzt sie einem Häftling gleich.
    Hier Gardinen, da die Chrysanthem'.
    Drinnen geht sie ein, ihr wisst, mit wem.

    Schnell wird dieser Stoff jetzt aufgeschlitzt.
    Hier mein Ehering, ihr seht, er blitzt.
    Ich betracht ihn, seufzend. Und, ihr seht:
    Er wird ganz, wie vorher, zugenäht.

    Grillen, Heimchen, schreit erneut bei Nacht!
    Jeder seins, was er sich ausgedacht.
    Die Gefangne soll von eurem Lied
    Bittre Tränen weinen, fern von Licht.

    Und die Grillen geben ihr Konzert,
    Schaffen das Programm von A bis Z.
    Und solang sie singen, fern von Licht
    Weint tatsächlich jemand. Das bin ich.

    Wegen frührem Wahnsinn, wegen ihr,
    Meinem altem Selbst als Kavalier.
    Wegen dem vernähten Ehering.
    Wegen meinem Leben, weil's verging.

    Das Gesicht verzieh' ich Morgen früh.
    Dunkle Brillengläser aufgedrückt
    Auf die Augen, bis es schmerzt, und wie!
    Die Gefangene weint jedoch nie.

    Gitter hinterm Fenster, Türe zu.
    Nichts beweint sie, auch wenn ich es tu.
    Keine dunkle Brille braucht sie hier.
    Grillen, sprecht, warum versagtet ihr ?

    Früher, käme Gram nur leicht hervor,
    trank ich Wein, den ganzen Eimer voll.
    Heute, selbst den teuersten Balsam
    stell ich weg, nach einem Schluck mit Saft.

    Den uralten Dolch von meiner Wand
    nehm ich, und wisch drüber mit der Hand.
    Rein ist bald der Griff, die Klinke auch.
    Was kommt jetzt: Ich häng ihn wieder auf.

    Александр Аврутин, 2017


  • [Наверх]

  • Portrait einer Dame

    Mit achtundzwanzig ist sie schon davon besessen, -
    Bräuche, von denen ich nichts halt.
    Sie widersteht nicht Blumen, Hunden, Wein und Essen.
    Doch bei Umarmung ist sie kalt.

    Nicht wirklich schön, obwohl: die reinen Züge,
    Doch auch was da ist, schon verblich.
    Durch Gähnen. Telefon. Ihr wisst schon zur Genüge; -
    Sie - nicht, wann steht, wann setzt sie sich.

    Legt keinen Wert auf menschliche Gesetze,
    Riten der Gottheit bleibt sie treu.
    So fromm, so eifrig darin and’re zu verletzen.
    Und das natürlich ohne Reu’.

    Auf leichte Frage kommt nicht, wie von allen,
    Ein klares “Ja” und klares “Nein”.
    Stattdessen hörst du langes kauderwelsches Lallen.
    Welches versteht nur sie allein.

    Im Sommer sing’ ich, wenn sie, ausgezogen,
    Sich sonnt im Wald, vielleicht am Strand;
    Und hat denselben Farbton, so unausgewogen.
    Die Farbe, die ihr niemals stand.

    Im Winter sing’ ich, müh’ mich zu erfassen,
    Wie sie im Mantel geht. Ich seh’:
    Gepanzert füllt sie mit sich selbst die ganzen Straßen.
    Wer auf sie trifft, fällt in den Schnee.

    An dieser Stelle mag ein strenger Gegner zu mir schreien.
    Ganz aufgebracht: “Verrate wer?!
    Wer wurde zum Objekt der faden Worte eines Leihen?
    Wie nah steht sie dir?” Und viel mehr.

    Mein Name, lieber Freund, ist Hase. Und ich nenne
    Mich so im Sinne des Gedichts.
    Es ist nicht nur, dass ich sie überhaupt nicht kenne.
    Ich will von ihr nichts wissen. Nichts.”

    Warum, wieso, weshalb, für sich entscheidet jeder.
    Und freut sich dadurch ungemein.
    Papier erträgt viel. Bleistift knistert. Werkzeug schützt das Leder.
    Die Seele ist nicht gern allein.

    Александр Аврутин, 2019